Deutsches & Spanisches Erbrecht

Die Grundzüge des spanischen Pflichtteilsrechts

Auch für deutsche Staatsbürger, die in Spanien ansässig sind oder die in gemischt deutsch-spanischen Ehen leben, kann das spanische Pflichtteilsrecht zur Anwendung gelangen. Da dieses sich in einigen entscheidenden Aspekten von dem deutschen Pflichtteilsrecht unterscheidet,  kann die Lektüre des folgenden Beitrages zur Verdeutlichung beitragen.

 

Das Pflichtteilsrecht des allgemeinen spanischen Erbrechts:

 

Zunächst soll das Pflichtteilsrecht nach dem spanischen allgemeinen Zivilrecht, dem Código Civil común (CC), dargestellt werden. Dieses ist dann für den Erbfall ausschlaggebend, wenn nicht aufgrund der Gebietszugehörigkeit autonomes Foralerbrecht Anwendung findet.

 

Das spanische Erbrecht regelt die Pflichteile in den Artikeln 806 ff CC räumt dem Pflichtteilsberechtigten im Gegensatz zum deutschen Recht eine wesentlich stärkere Stellung ein.

 

Dies spiegelt sich bereits in der spanischen Bezeichnung des Pflichtteilsberechtigten als Zwangserben (heredero forzoso) wieder. Der Pflichtteilsberechtigte oder eben Zwangserbe erhält einen bestimmten Mindestanteil der Erbschaft. Dabei handelt es sich aber nicht lediglich um einen finanziellen Anspruch gegen die Erben, wie dies in Deutschland der Fall ist. Der Pflichtteilsberechtigte ist nach den Regelungen des CC zwingend aus der Erbmasse zu befriedigen und erhält einen Teil des Nachlasses als Eigentum.

 

Die Pflichtteilsberechtigten:

 

Gemäß Artikel 807 CC sind grundsätzlich die Kinder und Abkömmlinge pflichtteilsberechtigt, sind solche nicht vorhanden, die Eltern bzw. Vorfahren. Daneben existiert auch ein Ehegattenpflichtteil.

 

Nach Artikel 808 CC beträgt der Pflichtteil der Kinder und Abkömmlinge 2/3 des gesamten Nachlasses. Dieser Teil zerfällt wiederum in zwei Teile: 1/3 umfasst den strengen Pflichtteil, der allen Kindern und Abkömmlingen zu gleichen Teilen übertragen werden muss. Das weitere 1/3, die sogenannte Verbesserung (mejora), kann von dem Erblasser beliebig unter seinen Kindern und Abkömmlingen verteilt werden. Sofern also Kinder bzw. Abkömmlinge vorhanden sind kann der Erblasser lediglich über 1/3 der Erbschaft frei verfügen.

 

Sind keine Kinder oder Abkömmlinge jedoch Eltern oder Vorfahren vorhanden, so erhalten diese 1/2 des Nachlasses als Pflichtteil, es sei denn es exitiert ein überlebender Ehegatte. In diesem Fall beträgt der Pflichtteil der Eltern 1/3 des Nachlasses (Artikel 809 CC).

 

Eine Besonderheit des spanischen Erbrechts findet sich in den Artikeln 834 und 837 CC. Danach besteht der Pflichtteil des Ehegatten aus einem Nießbrauchsrecht, und zwar bezogen auf das Drittel, das für die „mejora“ vorgesehen ist, wenn Kinder oder Abkömmlinge existieren und bezogen auf die Hälfte des Nachlasses, wenn keine Kinder aber Eltern oder Vorfahren leben. Leben weder Abkömmlinge noch Vorfahren, besteht der Pflichtteil aus dem Nießbrauch an zwei Dritteln des Nachlasses. Die Erben können den überlebenden Ehegatten mit einer monatlichen oder einmaligen Zahlung abfinden. 

 

Die Übertragung des Pflichtteils in der Praxis:

 

Das spanische Erbrecht sieht vor, dass der Erbe seinen Erbteil mittels einer notariellen Erbschaftsannahmeerklärung annimmt und in sein Eigentum überträgt (Aceptación y Manifestación de Herencia). Aufgrund der in dieser Urkunde angegebenen Werte werden die Erbschaftssteuern berechnet und abgeführt. Will sich der Erbe nicht der Gefahr von Versämniszuschlägen seitens der Finanzbehörden aussetzen, muss diese notarielle Erklärung innerhalb von 6 Monaten nach dem Tode des Erblassers unterzeichnet und die Steuern bezahlt werden.

 

Grundsätzlich wird im Rahmen dieser Urkunde auch der Pflichtteil, durch Beteiligung des oder der Pflichtteilsberechtigten übertragen. Der Pflichtteilsberechtigte erhält daher durch diese Urkunde Eigentum an dem das Pflichtteil darstellenden Nachlassanteil. Oftmals werden, da die derart entstehende Eigentümergemeinschaft an Nachlasswerte in der Praxis zu Konflikten führt, Lösungen zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten gefunden.

 

Die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten:

 

Dem Pflichtteilsberechtigten stehen nach spanischem Erbrecht Auskunftsrechte gegenüber dem Erben über den Bestand des Nachlasses zu Verfügung. Diese sind zwar im spanischen Erbrecht, anders als im deutschen BGB, nicht ausdrücklich geregelt, ergeben sich nach ganz herrschender Auffassung aber mittels Auslegung diverser Regelungen des CC. So stellt Artikel 818 des CC klar, aus welchen Werten sich das gesamte Erbschaftsvermögen zusammensetzt. Und damit auch die Höhe des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten. Der Pflichtteilsberechtigte hat auch nach spanischem Recht einen Anspruch darauf, sich Kenntnis über den Inhalt und den Umfang sowie über die bestehenden Schulden, Belastungen und Gegenansprüche zu verschaffen. Dieser Anspruch ist gegenüber den Erben geltend zu machen. Sollten die Erben die notwendigen Informationen nicht aus freien Stücken bzw. nicht vollständig erteilen, so kann der Klageweg beschritten und dieser Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Das Gericht kann die Erben zur Erteilung der Auskunft mittels Urteil verpflichten.

 

Die Besonderheiten des regionalen Foralerbrechts:

 

Stets zu beachten sind bei Erbrechtsfällen mit Spanienbezug die sog. Foralrechte. In einigen autonomen Gebieten Spaniens existieren im erbrechtlichen Bereich regionale Foralrechte. Die meisten dieser Foralerbrechte weichen im Bereich der Pflichtteilsrechte teils erheblich von Regelungen des spanischen nationalen Erbrechts ab. Beispielsweise beträgt der Pflichtteil für Kinder nach katalanischem Foralerbrecht lediglich ¼ des gesamten Nachlasses. Der Pflichtteil stellt in Katalonien, vergleichbar mit der deutschen Regelung, lediglich einen finanziellen Anspruch gegen die Erben dar. In Navarra existieren überhaupt keine eigentlichen Pflichtteilsrechte, lediglich dem überlebenden Ehegatten steht ein universeller Nießbrauch an dem Nachlass zu.

 

FAZIT:

 

Bei Erbfällen mit Bezug zu Spanien ist bei der Erbschaftsannahme zu prüfen, ob und nach welcher Rechtsordnung Pflichtteilsansprüche bestehen. Kinder, Eltern und Ehepartner können, wenn spanisches Erbrecht auf einen Erbfall anzuwenden ist, je nach anzuwendendem Recht mehr oder weniger Pflichtteilsansprüche zustehen, die wiederum auch unterschiedlich erfüllt werden können oder müssen.

 

Die Kanzlei Engels & Asociados bietet ihrer Mandantschaft Beratungen in dem Bereich der internationalen Erbfälle, auch wenn spanisches nationales oder autonomes Recht zur Anwendung gelangt.

 

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